Große Abenteuer kommen immer gut an
Stadtentscheid des Vorlesewettbewerbs für Sechstklässler – Sieger ist Alex aus dem Bunsengymnasium
Von Timo Frahm (RNZ, 17.02.2020)
“Ich habe euch ein Buch mitgebracht” – mit diesem Satz beginnen viele junge Vorleser ihren Auftritt auf der Bühne des Hilde-Domin-Saals in der Stadtbücherei. Im Raum ist es daraufhin vollkommen still – Spannung liegt in der Luft, und die Schüler, die als Nächste dran sind, kauen, bereits an ihren Fingernägeln. Denn hier zählt jedes Wort oder – um genauer zu sein – dessen Aussprache.
Immerhin sind die jungen Talente in der zweiten Runde des Vorlesewettbewerbs des Deutschen Buchhandels angelangt. Der Wettbewerb richtet sich an Sechstklässler verschiedener Schulformen. Gegen ihre Mitschüler haben sich die Teilnehmer bereits durchsetzen können – nun treten sie gegen die Besten der anderen Heidelberger Schulen an.
Im ersten Teil des Stadtentscheids lesen die Sechstklässler aus einem Buch, das sie sich selbst ausgesucht haben, vor. Ihre Auswahl spiegele dabei ihre eigenen Interessen wider, sagt Uschy Szott. Die 62-Jährige koordiniert den Wettbewerb innerhalb der Heidelberger Schulen. “Die einzigen, die wir häufiger sehen, sind die Harry-Potter-Bücher und Bücher von Astrid Lindgren. Ansonsten haben Kinder schon alles Mögliche mitgebracht.”
Und so wurde auch dieses Jahr in der Stadtbücherei aus verschiedensten Büchern vorgelesen, von Fantasy-Romanen bis zu alten Rittergeschichten reichen die Vorlieben. Nachdem die Teilnehmer aus ihren Büchern vorgelesen haben, zieht sich die Jury zur Beratung zurück. Zu ihr gehören die Journalistin Susanne Jung, Phillip Koban vom Kulturamt, der Rapper Toni L und die Siegerin aus dem Vorjahr, Lena Foethke.
Manfred Metzner, Verleger des Heidelberger Wunderhorn Verlags und ebenfalls Jury-Mitglied, erklärt die Bewertungskriterien des Wettbewerbs: “Es kommt nicht nur auf die Lesetechnik, die Performance und die Auswahl der Textstelle an. Auch der Umgang mit dem Fremdtext ist wichtig.” Denn dieser bildet den zweiten Teil des Wettbewerbs. Die Sechstklässler bekommen eine Stelle aus einem ihnen unbekannten Buch zugewiesen, die sie vorlesen müssen.
Schließlich kürt die Jury den elf jährigen Alex zum Sieger. Er las aus dem Buch „Als die Steine noch Vögel waren” von Marjaleena Lembcke. “Das Buch wurde mir von Verwandten empfohlen und erzählt eine sehr emotionale Geschichte, in die man sich gut hineinversetzen kann”, meint er. Eigentlich wollte Alex gar nicht am Wettbewerb teilnehmen. “Meine Freunde haben mich überredet”, bekennt er und ist jetzt sehr froh darüber. Denn Bücher machen ihm Spaß: “Alle möglichen Bücher, die Geschichten von Abenteuern und Zauberei erzählen”, sagt Alex, “besonders gerne mag ich die Bücher von J. K. Rowling und Margit Auer.” Der Bunsenschüler hat nun die Möglichkeit, über den Landesentscheid bis zum Bundesfinale vorzurücken.
Auch für die Eltern der jungen Vorleser war der Wettbewerb eine gute Erfahrung. Der 44-jährige Mathematiklehrer Volker Abegg erinnert sich an seine eigene Kindheit: “Ich habe vor 30 Jahren selbst an einem Vorlese-Wettbewerb teilgenommen. Toll, dass es so etwas immer noch gibt!” Die 40-jährige Lena Höpfner, Mutter einer anderen Teilnehmerin, ergänzt: “Ich habe gerade gemerkt; dass meine Tochter schon besser vorlesen kann als ich!”